
Als Kunsthistoriker und Webdesigner versuche ich immer wieder meine beiden Interessensgebiete zu vereinen. Als ich 2024 eingeladen wurde an einer Ausstellung über das Wiener Rathaus mitzuarbeiten hatte ich schnell die Idee zu einem interaktiven Plan entwickelt, den ich hier vorstellen möchte.
Die historischen Voraussetzungen
Wien war Mitte des 19. Jahrhunderts von mächtigen Stadtmauern umgeben und konnte die rasch wachsende Stadt nicht mehr fassen. Die Befestigung wurde im Laufe der Zeit obsolet. Während der Märzrevolution von 1848 war sie für die Herrscher sogar ein Hindernis. 1858 fiel der Beschluss zur Stadterweiterung. Ein Prachtboulevard nach Pariser Vorbild sollte sie umgeben. Dazu war der Plan die Stadtmauern zu schleifen, das ehemalige Glacis zu parzellieren und mit diesem Geld sollten die öffentlichen Monumentalbauten an der Ringstraße finanziert werden.
Der Städtebauliche Wettbewerb von 1858
Um diese Pläne zu realisieren, wurde im Jahr 1858 ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben. Über 80 Architekten nahmen an der Konkurrenz teil. Zahlreiche der eingereichten Entwürfe sind noch in Archiven erhalten. Die Planungen enthielten, wie verlangt, die Verortung öffentlicher Gebäude. Unter anderem oft auch das Rathaus oder Stadthaus wie es damals noch genannt wurde.
Die Idee zum interaktiven Plan
Meine Idee lag nun in der gleichzeitigen Darstellung und geografischen Verortung der geplanten Rathäuser. Es gibt zwar bereits Publikationen, mit Abbildungen der einzelnen Projekte, aber noch keine, bei der alle erhaltenen Planungen sichtbar sind. Weiters reizte mich auch die Idee eine interaktive Darstellung umzusetzen, bei der verschiedene Standorte zeitgleich grafisch ersichtlich sind.
Die Umsetzung
Ich entwickelte einen interaktiver Plan, bei dem die projektierten Standorte der Stadthäuser mit anklickbaren Markern gekennzeichnet sind. Zur Unterscheidung habe ich zwei Farben gewählt – blau für die prämierten und rot für die ausgeschiedenen Einreichungen. Bei jedem Marker öffnet sich beim Anklicken ein Pop-Up das die Erläuterung der jeweiligen Projekte anzeigt: die planenden Architekten, die zugeordneten historischen Projektnummern sowie das jeweilige Motto, mit dem die einzelne Planung versehen war. Zusätzlich sind Links zum jeweiligen online abrufbaren kartografischen Material enthalten. Zwei Sammlungen stellen die Karten zur Verfügung das Wiener Stadt und Landesarchiv und das Wien Museum.
Verwendet habe ich für diese Aufgabe die freie kartografische Software Leaflet (https://leafletjs.com ) und die ebenfalls freie offizielle Karte von Österreich basemap (https://basemap.at ), die über eine sehr schlichte grafische Darstellung verfügt. Zur besseren Sichtbarkeit habe ich mittels CSS einen Farbfilter über die Karte gelegt, der die Karte in einem dezenten Grauton darstellt, sodass sich die Marker besser abheben.
Mittels Checkboxes lassen sich die Markergruppen ein- und ausblenden, damit man entweder nur die prämierten oder nur die ausgeschiedenen Projekte oder auch alle zusammen anzeigen kann.
Von der Wipplingerstraße zum Rathausplatz

Weiters enthält die interaktive Karte noch eine Kennzeichnung der historischen Bauplätze des Wiener Rathauses. Wie bei vielen städtebaulichen Projekten sind auch hier Entwicklungsstufen feststellbar.
Als Ausgangspunkt ist der Standort des „Alten Rathauses“ als kleine violette Kreisfläche eingezeichnet. Eine gelbe Kreisfläche zeigt den Standort, der anhand des Stadterweiterungswettbewerbs von 1858 für das „Neue Rathaus“ festgelegt wurde. Aufgrund eines Grundstücktausches konnte für den neuen Prachtbau ein anderes, besseres, Baulos angedacht werden. Dabei handelt es sich um ein Grundstück an der heutigen Ringstraße gegenüber dem Stadtpark, das ich auf dem Plan durch eine rote Kreisfläche sichtbar gemacht habe. Für diese Parzelle wurde 1868/69 der Wettbewerb zur Errichtung des „Neuen Rathauses“ abgehalten, den der damalige Dombaumeister von St. Stephan, Friedrich von Schmidt, für sich entscheiden konnte. Als der Paradeplatz am Josefstädter Glacis, an der gegenüberliegenden Stadtseite frei wurde, fand wiederum ein Grundstückstausch statt. Mit einer grünen Kreisfläche habe ich die Stelle zwischen Parlament und Universität, an der die leicht modifizierte Siegerplanung letztendlich ausgeführt wurde, markiert.
Interaktivität

Am interaktiven Plan können sie die verschiedenen Standorte des Wiener Rathauses im Laufe der Geschichte einzeln ein- und ausblenden sowie auch mit den Projekten des Wettbewerbs von 1858 gemeinsam ablesen.
Viel Vergnügen beim Benutzen des interaktiven Plans (https://christoph-freyer.at/rathaus/ ) zum Wiener Rathaus und dem Stadterweiterungswettbewerb von 1858.